Ein Artikel der Mainpost, von Klaus Vogt

Längere Pause im Theaterhaus

Seit einem Jahr residiert das Kleine Stadttheater im eigenen Theaterhaus. Das Konzept hat sich als tragfähig erwiesen. Beim Brandschutz muss es aber noch Nachbesserungen geben. Es fehlen noch Unterlagen, so dass die beantragte Nutzungsänderung des Gebäudes vom Landratsamt Schweinfurt noch nicht genehmigt werden konnte. Aufführungen im Theaterhaus sind deshalb momentan nicht möglich.

Seit März 2018 hat Silvia Kirchhof, die Gründerin und Leiterin des Kleinen Stadttheaters, das aus zwei kleinen Häusern bestehende, ums Eck gebaute Ensemble in der Marktstraße angemietet und zum "Theaterhaus" verwandelt. Nach Jahren der Wanderschaft hat das Gerolzhöfer Laientheater nun ausreichend große Räume gefunden. In wochenlanger Arbeit hatten zahlreiche Ensemble-Mitglieder und Freunde des Theaters das alte Gebäude sowohl im Erdgeschoss als auch im oberen Stockwerk renoviert und auf Vordermann gebracht, ehe der Umzug des Fundus vom vorhergehenden Quartier im Anwesen Hock/White in der Schuhstraße in die Marktstraße stattfand. Schließlich wurden in den Räumen des ehemaligen Cafés noch eine kleine Bühne sowie moderne Licht- und Tontechnik eingebaut. Der Verein investierte einen fünfstelligen Euro-Betrag in den Umbau und die Renovierung.

 

Das Theaterhaus ist ein Erfolgsmodell. Alle bisherigen Veranstaltungen des Kleinen Stadttheaters in dem 50 Zuschauer fassenden ehemaligen Café-Bereich im Erdgeschoss waren ausverkauft, das Publikum begeistert. "Wir wurden außerordentlich gut angenommen", berichtet Silvia Kirchhof von den verschiedenen Aufführungen des Theaters, die alle unter dem Halbjahresmotto "Beheimatet" standen. Auch der Historische Verein nutzt den Raum für seine Fachvorträge, es fanden Konzerte statt und die Mitglieder von "Karussell e.V." mieteten sich für ihre eigenen Kulturprojekte ein.  "Wir haben die finanzielle Deckung geschafft", betont Kirchhof.

 

Allerdings hat sich nun schon mehrfach das Landratsamt Schweinfurt gemeldet und noch fehlende Unterlagen angemahnt, die vom dortigen Bauamt für eine Entscheidung über die notwendige Nutzungsänderung gebraucht werden. Hier ist im Vorfeld offenbar einiges schief gelaufen. "Wir haben seitens des Theaters aber keinen Schnellschuss gemacht", beteuert Silvia Kirchhof. Man habe bei Gesprächen mit der Stadt Gerolzhofen auch die künftige Nutzung des Hauses angesprochen und  dabei das Signal erhalten, dass alles ordnungsgemäß seinen Gang nehme. Es habe auch vorab eine Begehung des Hauses mit der örtlichen Feuerwehr gegeben, die ebenfalls positiv verlaufen sei, sagt die Theaterleiterin. 

Die umjubelten Fränkischen Abende sind für die nächste Zeit erst einmal die letzten Veranstaltungen im Theaterhaus gewes... Foto: Klaus Vogt

Laut Bürgermeister Thorsten Wozniak wurde bereits am 12. April 2018 für das Theaterhaus ein Antrag auf Nutzungsänderung gestellt. Dieser Antrag sei dann am 16. April 2018 im Stadtrat behandelt worden. Man habe das gemeindliche Einvernehmen erteilt. Am 2. Mai 2018 sei dieser Antrag an das Landratsamt weitergeleitet worden. "Beantragt wurde eine Umnutzung eines Fachgeschäfts für Theaterprobe und Lagerräume für Requisiten." Aufgrund der mittlerweile bekannten Nutzung des Gebäudes auch für öffentliche Veranstaltungen sei, so der Bürgermeister, noch eine Tektur des Antrags auf Nutzungsänderung vorzulegen. "Tektur" bedeutet im Baurecht eine Änderung bereits genehmigter Pläne.

"Ungeklärtes Gefahrenpotenzial"

Das Landratsamt Schweinfurt bestätigt, dass der Antrag am 3. Mai 2018 im Amt eingegangen ist. Aber: "Die Antragsunterlagen waren zu wesentlichen Fragen unvollständig und in dieser Form baurechtlich nicht prüfbar", teilt die Pressesprecherin des Landratsamtes, Uta Baumann, mit. Die Bauherren hätten deshalb die Antragsunterlagen am 15. Juni 2018 mit der Bitte um Ergänzung zurückerhalten. "Bis heute sind die Antragsunterlagen dem Bauamt nicht wieder vorgelegt worden." Als deutlich wurde, dass die Räume im Theaterhaus im Herbst 2018 schon mehrfach zu Veranstaltungen genutzt wurden, habe das Landratsamt am 19. Dezember 2018 erneut ein Schreiben an die Bauherren gerichtet. Angesichts des ungeklärten Gefahrenpotenzials für Besucher und Veranstalter seien die Bauherren darauf hingewiesen worden, dass die Nutzung der Räume wegen der fehlenden baurechtlichen Genehmigung unzulässig sei. 

Aus den bislang vorgelegten Unterlagen habe das Landratsamt weder ausreichende Aussagen zu der beabsichtigten Nutzung noch zu wesentlichen Fragen des Brandschutzes entnehmen können, heißt es aus Schweinfurt. "Die notwendigen Ergänzungen der Unterlagen betreffen dabei insbesondere die Bauzeichnungen mit Angaben der Raumhöhen und die Grundrisse mit Einzeichnung von Flucht- und Rettungswegen. Die Bauherren wurden weiterhin gebeten, eine Nutzungsbeschreibung der Räume mit Angabe der Art der Nutzung, der Besucherzahl, der Beschreibung der Veranstaltungen und der Nutzungszeiten vorzulegen."

Kritik auch an der Stadt

Ob zum Bauantrag alle betroffenen Nachbarn angehört wurden, sei wegen der unvollständigen Angaben in den Unterlagen ebenfalls nicht nachprüfbar, heißt es aus dem Landratsamt. Und: "Die genannten Angaben wurden von der Stadt Gerolzhofen nicht nachgefordert, obgleich diese als Grundlage für die planungsrechtliche Entscheidung der Stadt erkennbar erforderlich gewesen wären", kritisiert das Amt in diesem Zusammenhang auch die Stadtverwaltung.

Erst am 7. Januar 2019 sei als Reaktion auf die Briefe eine Antwortmail im Landratsamt eingegangen. Auf Initiative von Landrat Florian Töpper habe nun dieser Tage eine Besprechung im Amt stattgefunden, an der auch die Theaterleiterin Silvia Kirchhof und die Bürgermeister Thorsten Wozniak und Erich Servatius teilnahmen. Dabei wurde nochmals dargestellt, welche Ergänzungen des Bauantrags zwingend erforderlich sind. Töpper machte hierbei deutlich, dass der Landkreis ein entschiedenes Interesse daran habe, dass die Kulturarbeit im „Kleinen Stadttheater“ fortgesetzt werden kann. Nicht zuletzt deshalb habe die Stiftung der Kreissparkasse Schweinfurt in der jüngsten Sitzung des Stiftungsrats eine Förderung des Projekts „Acht Frauen“ in Höhe von 3000 Euro auf seine Fürsprache hin befürwortet.

Landrat: maximale Kooperationsbereitschaft

Dieser eher ungewöhnliche Weg einer Unterredung in Anwesenheit des Landrats sei bewusst gewählt worden, um auch von Seiten der Amtsleitung maximale Kooperationsbereitschaft zu signalisieren, heißt es aus dem Landratsamt. Entscheidend sei, dass die über sechs Monate ausgebliebene Reaktion der Theaterbetreiber nun schnellstmöglich erfolge. "Landratsamt und Landrat haben damit alles in ihrer Macht Stehende getan, um den Fortbestand des Theaters zu gewährleisten."

Es sei auch keinesfalls so, dass das Theater geschlossen worden wäre. Vielmehr sei es dem Landratsamt ein Anliegen, sachgerechte Lösungen zu finden. Für die Übergangszeit bis zur Erteilung einer Baugenehmigung nach dem Einreichen der fehlenden Unterlagen wurde vereinbart, dass im Theaterhaus mehrere Mindestmaßnahmen zum Schutz der Veranstalter und Besucher zu ergreifen sind, unter anderem die Anwesenheit eines Feuerwehrmanns als Brandwache, der Einbau von Rauchmeldern und eine deutliche Beschilderung des zweiten Ausgangs im Erdgeschoss und des Wegs dahin. "So kann zumindest für diese Übergangszeit der Weiterbetrieb ebenso gewährleistet werden wie der Brandschutz", teilt das Landratsamt mit. 

Architekt Jäcklein hilft

Und wie geht es nun konkret weiter im Theaterhaus? "Die Antragsunterlagen für das Theaterhaus sind zwingend von einem qualifizierten Entwurfsverfasser zu erstellen, der die Verantwortung für die Einhaltung der brandschutzrechtlichen Anforderungen und die der Standsicherheit trägt", fordert das Landratsamt. Der Volkacher Architekt Reinhold Jäcklein, selbst ein großer Kulturfreund, hat sich der Sache jetzt angenommen. "Voraussichtlich sind Maßnahmen bezüglich der Rettungswege, Brandmeldung, Sicherheitsbeleuchtung, Brandabschnitte und gegebenenfalls des Emissionsschutzes (Schallschutz) umzusetzen", teilt er auf Anfrage mit. Zunächst seien dazu jedoch Planungen erforderlich. Da von dem historischen Haus keine verwendbaren Bestandspläne vorliegen, arbeite man aktuell an der Gebäudeaufnahme. "Im Anschluss ist ein Bauantrag mit den Nutzungsänderungen und ein Brandschutzkonzept zu erstellen."

Das Landratsamt und der Landrat hätten sich bezüglich der fehlenden Unterlagen bisher sehr kooperativ verhalten, betont der Architekt. "Es liegt allen Beteiligten daran, das tolle Projekt 'Kleines Stadttheater Gerolzhofen' nicht zu gefährden." Das Landratsamt habe bereits wertvolle Hinweise für die Umsetzung der Planung gegeben. "Deshalb sind wir zuversichtlich, dass für eine baurechtliche Genehmigung keine allzu großen Hürden zu überwinden sind", sagt Reinhold Jäcklein. "Wir freuen uns, dass wir Silvia Kirchhof bei ihrer herausragenden kulturellen Arbeit in Gerolzhofen unterstützen können. Es ist bemerkenswert, wie das Engagement von Einzelpersonen auf eine ganze Stadt und darüber hinaus abstrahlt."

Aufführungen in der Rüstkammer

Was bedeutet die aktuelle Entwicklung nun für den Spielbetrieb des Kleinen Stadttheaters?  Weil die vom Landratsamt geforderten Mindestanforderungen für einen Weiterbetrieb im Theaterhaus in der Kürze der Zeit nicht machbar seien, müsse man umorganisieren, teilt Theaterleiterin Silvia Kirchhof mit. Die Aufführung mit "Katis Kasperltheater" am Sonntag, 24. Februar, und die aufgrund des großen Erfolgs nochmals angebotenen Themenabende "Neue Heimat - alte Heimat" am 21. und 22. März müssen in die Rüstkammer des Alten Rathauses verlegt werden. Für alle Veranstaltungen gibt es noch Karten in der Touristinformation.

Auch Bürgermeister Thorsten Wozniak hat indessen dem Kleinen Stadttheater seine Unterstützung zugesichert. "Das Theaterhaus ist eine wunderbare kulturelle Einrichtung in unserer Altstadt", sagt er. "Die Angebote strahlen weit in die Region hinaus. Die Stadt Gerolzhofen ist natürlich sehr interessiert, dass der Weiterbetrieb des Theaterhauses zeitnah gesichert ist."

"Wunderbare Kulturarbeit"

Die gleiche Meinung hat auch Beate Glotzmann, die Leiterin der Touristinformation. Das neue Theaterhaus sei mit viel Motivation und ehrenamtlichem Engagement zu einem kleinen Schmuckstück in der Altstadt geworden. Ein Leerstand sei mit ganz besonderem Leben erfüllt worden. "Viele Gäste, teils von weit her, schätzen die besondere Atmosphäre dieser Kulturbegegnungsstätte ganz besonders." Dass der Betrieb im Theaterhaus vorübergehend pausieren müsse, sei sehr bedauerlich. Sie hoffe, dass nach den Umbauarbeiten dort bald ein Betrieb wieder möglich sei. Alles andere wäre ein großer Schaden für die wunderbare Kulturarbeit in der Stadt, die sich gerade auf einzigartige Weise im Zuge der gemeinsamen Broschüre „GEO kultur“ miteinander vernetzt habe.

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